Donnerstag, 15. Juli 2010

Keinen Fußbreit den Rassist_innen - Weder in Berlin, noch sonst irgendwo!

Wir werden da sein!

Proteste am 17. Juli 2010 ab 12.00 Uhr auf dem John-F.-Kennedy-Platz vor dem Rathaus Schöneberg

"Pro Deutschland" ist keine Partei wie jede andere, sondern gefährdet das

gesellschaftliche Miteinander. Wie "ProNRW", "ProKöln" und andere selbst

ernannte "Bürgerbewegungen" unterhält sie beste Beziehungen zu Naziparteien

bis hin zur NPD. Auf ihrem Parteitag am kommenden Samstag will "Pro

Deutschland" den Berliner Landesverband "Pro Berlin" gründen und ein

Wahlprogramm für die kommenden Abgeordnetenhauswahlen 2011 verabschieden.

Ihr Spitzenkandidat soll der schwedische Multimillionär und ehemalige

DVU-Nazi Patrik Brinkmann werden.

...

http://rechtspopulismusstoppen.blogsport.de


Palestinian Queers for BDS

Call upon all Queer groups, organizations and individuals around the world to

Boycott the Apartheid State of Israel.

June 27th 2010

As Palestinian Queers, we see the Queer movements as political in their nature; and ones that analyze the intersections between different struggles, evaluate relations of power and try to challenge them. We firmly believe that fighting for the rights of oppressed and marginalized queer minorities cannot be separated from fighting against all forms of oppression around the world This is evident in the proud history of the queer movement worldwide, which has joined numerous global socio-political struggles against manifestations of oppression, imperialism, injustice, and discrimination wherever they exist. In continuation to this proud history, we Palestinian Queer activists, call upon the LGBTQI communities around the globe to stand for justice in Palestine through adopting and implementing broad boycott, divestment and sanctions (BDS) against Israel until the latter has ended its multi-tiered oppression of the Palestinian people, in line with the 2005 Palestinian civil society call for BDS [1]

For 62 years, Israel’s oppressive regime of colonization, occupation and apartheid has systematically and consistently denied the Palestinian people of their basic human rights.Palestinians living in the West Bank have been subjected to a brutal military occupation manifested by Israel’s illegal colonies, checkpoints, andthe apartheid wall. Palestinians living inside Israel continue to face systematic, legalized apartheid policies which discriminate against them in all walks of life, rendering them second class citizens, at best, inside Israel. The majority of Palestinians in the Diaspora continue to be denied their UN-sanctioned right of return to their homes The 1.8 million Palestinians in Gaza face the most brutal oppression of all as they live in an open air prison after years of the illegal Israeli siege on the Gaza strip, one that was described as ‘slow genocide’ by prominent international law experts.

This Israeli ongoing oppression of the Palestinian people does not differentiate between Palestinian Queers, and non-Queers. Not only Palestinian queers face these injustices on a daily basis and undergo the Israeli oppression like any other Palestinian, but also our name and struggle is often wrongly used and abused to “Pinkwash” Israel’s continuous crimes against the whole Palestinian population. In the last years Israel has been leading an international campaign that tries to present Israel as the “only democracy” and the “gay haven” in the Middle East, while ironically portraying Palestinians, who suffer every single day from Israel’s state racism and terrorism, as barbaric and homophobic.

Thus, we Palestinian queer activists call on Queer groups, organizations and individuals around the world to stand for justice and in the face of Israel’s pinkwashing efforts through joining the global campaign for Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) against Israel until it fully complies with international law, and ends its occupation, colonization and apartheid. We call on you to:

  • Endorse the 2005 Palestinian civil society call for BDS, spread it in your Queer community.
  • Reject all invitations to speak at and collaborate with Israeli universities and institutions, in accordance with the guidelines for the Academic and Cultural Boycott of Israel set by PACBI [2]
  • Campaign against all activities aiming to Pinkwash Israel’s crimes and oppression of the Palestinian people.
  • Organize in your respective communities to initiate BDS campaigns, or join existing ones.

[1] Palestinian United Call for Boycott http://www.bdsmovement.net/?q=node/52

[2] Pacbi – Call for Academic and Cultural Boycott of Israel http://www.pacbi.org/etemplate.php?id=869

Freitag, 9. Juli 2010

Queers Against Israeli Apartheid refuse to be silenced

Great news has reached us from the Toronto Pride march, where the Queers Against Israeli Apartheid (QAIA) marched last Saturday with a reported 2000-strong contingent!
Check out these websites to find out what the debate was about. Berlin Queers for International Solidarity with Palestine would like to express our support to QAIA and to the organisers of Toronto Pride for this positive decision.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Offener Brief (dt.)

Politische Zensur beim Transgenialen CSD 2010: Aktivistinnen mit „Free Gaza“ und „Freiheit für Palästina“ Schildern wurden aufgefordert, diese wegzupacken oder die Demo zu verlassen.

Ein offener Brief an das Organisationskomittee des TCSD 2010

Berlin, 27. Juni 2010

„Queer ohne Antirassismus und ohne Antikolonialismus gibt es nicht.“

(Judith Butler, Berlin, 19. Juni 2010)


Queer Aktivistinnen beim TCSD 2010 mit ihren selbstgebastelten Schildern
„Free Gaza“ und
„Freiheit für Palästina“


Am 26. Juni 2010 wurden bei der jährlichen Transgenialen CSD Demonstration in Berlin zwei Queer Aktivistinnen, die selbstgebastelte Schilder mit den Slogans „Freiheit für Palästina“ und „Free Gaza“ trugen, aufgefordert, ihre Schilder einzupacken oder die Demo zu verlassen.

Drei Mitglieder des Organisationskollektivs behaupteten, sie hätten sich mit allen Mitgliedern des Kollektivs sowie anderen Demoteilnehmer_Innen abgesprochen, und es sei ein „Konsens“ erreicht worden, dass unsere Schilder inakzeptabel seien und sich darüber hinaus einige Demo TeilnehmerInnen darüber beschwert hätten.


Die Gründe, die von den drei scheinbar selbsternannten „Repräsentanten“ hervorgebracht wurden, waren widersprüchlich, inkonsistent und variierten im Laufe des Gesprächs. Die dargebotenen Argumente bewegten sich zwischen ziellos und absurd;

  • Nationalflaggen seien nicht erlaubt (keines der Schilder war eine Nationalflagge oder ähnelte einer solchen)
  • Das Problem sei, dass eines der Schilder eine Flagge sei und dass keine Flaggen erlaubt seien (an vielen der Demowägen waren Flaggen)
  • Das wirkliche Problem sei, dass das Wort „Palästina“ auf der „Flagge“ stehe und somit ein Nationalstaat unterstützt würde (Palästina ist keine anerkannte Nation)
  • Die Slogans auf den Schildern seien „zu kurz“ um verstanden zu werden, und dass wir einen Redebeitrag von der Bühne hätten halten müssen, wenn wir solche Schilder tragen wollten, um die Angelegenheit zu erklären
  • Das Schild mit der Aufschrift „Free Gaza“ sei nicht akzeptabel, weil es nicht die Konsensmeinung des Kollektivs widerspiegele
  • Die eigentliche Wurzel des Problems sei, dass einige Leute die Slogans als unakzeptable Kritik am Nationalstaat Israel sähen
  • Es gäbe einen Konsens, den Palästina/Israel Konflikt nicht an dieser radikalen, politischen und unkommerziellen Queer Demonstration in Berlin anzusprechen


Die Begründungen jener Mitglieder des Organisationskollektivs waren nicht nur widersprüchlich, sondern ihr Einschreiten war weder korrekt noch im Einklang mit dem Demoaufruf.

1. Keines der Schilder widersprach dem Grundsatz des Transgenialen CSD, der besagt:

Bitte lasst eure Partei- und Nationalfahnen zu Hause! Diese sind auf dem Transgenialen CSD nicht erwünscht. Wir wollen keine Fahnen sehen, weder von Parteien noch irgendwelchen Nationen!”

2. Obwohl die drei Mitglieder des Kollektivs behaupteten, sie hätten die anderen Mitglieder des Kollektivs und die der Wägen befragt um ihren „Konsens“ zu erreichen, ergab eine Erkundigung unsererseits folgendes: Mindestens zwei weitere Mitglieder des Organisationskollektivs wurden nicht befragt (genauer gesagt zwei Mitglieder, die eine andere Meinung zu diesem Thema vertreten) - genauso wie mindestens einer der vier oder fünf Wagen – Die Behauptung, einen allgemeinen Konsens zu repräsentieren, war demnach bestenfalls fadenscheinig!


Kein „Konsens“

Wir erwähnten bereits, dass mindestens zwei Mitglieder des Kollektivs, mit denen wir persönlich sprachen, zum sogenannten „Konsens“ nicht befragt wurden. Wir haben uns sogar die Mühe gemacht, am Tag VOR der Demonstration mit einem Mitglied des Organisationskollektivs über unsere geplanten Schilder zu sprechen. Uns wurde im Einklang mit den TCSD Grundsätzen versichert, dass sie in Ordnung seien und wir lediglich keine Flaggen von Nationalstaaten oder Parteien mitbringen dürften.

Zusätzlich war die Behauptung falsch, die Intervention der drei Mitglieder des Kollektivs stellte einen Konsens innerhalb der Demonstration oder innerhalb der breiteren linken Queer Bewegung dar.

Während unserer kurzen Zeit auf der Demonstration mit unseren Schildern, bekamen wir viele Signale der Zustimmung seitens anderer Demoteilnehmer_Innen, wie nach oben gerichtete Daumen oder freundliches Nicken mit dem Kopf. Nach dem Eingreifen der drei Mitglieder des Kollektivs waren alle, denen wir über den Vorfall erzählten, empört darüber, dass nach ausdrücklicher Aufforderung zur Solidarität gegen Unterdrückung beim Transgenialen CSD solch eine politische Zensur auf eben diesem folgen konnte. Auch andere Einzelpersonen, die den Botschaften auf unseren Schildern zustimmten, drückten ebenfalls ihr Unverständnis darüber aus, warum wir aufgefordert wurden, die Schilder wegzupacken oder die Demonstration zu verlassen.

Als eine Aktivistin sich dazu entschloss, ihre Bedenken von der Bühne am Heinrichplatz zu äußern, spendete die Menge ihr Beifall und rief Bravo nach den Worten: „Es ist widerlich und empörend, dass Aktivistinnen, die ihre Solidarität einem Volk gegenüber ausdrücken, das unter militärischer Besatzung und täglicher Unterdrückung lebt, aufgefordert werden die Demonstration zu verlassen!“


Die Aktivistinnen wurden von den Repräsentanten des Kollektivs aufgefordert ihre Schilder wegzupacken oder die Demonstration zu verlassen.


Wichtig an dieser Stelle ist, dass diese drei Mitglieder des Kollektivs KEINEN Konsens repräsentieren, sondern eher die politische Ansicht einer Minderheit innerhalb der Queer Bewegung – und sie sind genauso zu ihrer Ansicht berechtigt, wie wir zu unserer.

Wir vermuten, dass für sie das eigentliche Problem in ihrer politisch begründeten Ablehnung einer Solidarität gegenüber dem Palästinensischen Freiheitskampf lag. Wir finden es deshalb beschämend, dass sie versuchten, diese Ablehnung hinter Formalitäten zu verbergen – keine Nationalflaggen – um das politische Äußere der Demonstration zu manipulieren. Als wir versuchten, zu klären ob wir zensiert oder rausgeschmissen werden würden, antworteten sie uns „Nein – das ist keine Zensur“ aber gleichfalls „Nein – ihr werdet nicht aufgefordert die Demo zu verlassen“. Wobei eines von beidem erfolgen musste – sie versteckten sich hinter Formalitäten um sich um die Frage herumzuschummeln.

Sie versuchten uns mit der Moralkeule einzuschüchtern, dass wenn wir mit den Schildern auf der Demonstration blieben, wir der Demonstration und den Teilnehmer_Innen gegenüber „respektlos“ wären. Das war der Höhepunkt der Scheinheiligkeit – tatsächlich waren es diese drei Leute und die anonymen Interessen, die sie vertraten, die respektlos waren. Sie behaupteten, dass „einige Leute“ sich beschwert hätten und sich „unbehaglich fühlten“ in Gegenwart der Schilder. In Wirklichkeit ist das nur ein Deckmantel für Privilegierung. Wir sind nicht überrascht, dass einige Leute unsere Botschaften „unbehaglich“ fanden, aber wir fragen uns, wie viele unterdrückte Palästinenser_Innen, ob queer oder heterosexuell, die Möglichkeit haben über Behaglichkeit zu reden, wenn sie von israelischen Siedlern aus ihrem Zuhause geworfen werden, oder wenn sie durch eine Apartheid-Mauer von ihren Plantagen abgeschnitten werden, oder wenn ihnen aus der Laune eines israelischer Soldaten heraus der Einlass nach Israel wo sie bei der Müllabfuhr oder als Putzkraft arbeiten, verweigert wird, oder wenn sie keinen Zugang zu ihrer Schule oder ihrem Krankenhaus haben, weil es durch das israelische Militär zerstört wurde und wenn der Zement, den sie brauchen um diese wiederaufzubauen nicht in die Region gelassen wird? Wie soll sexuelle Befreiung unter solchen Bedingungen möglich sein?

Eine weitere Frage ist, wie viele von den in Berlin lebenden Queers mit palästinensischem oder arabischen Hintergrund die Möglichkeit haben von Behaglichkeit zu sprechen, wenn ihre Interessen von ihren vermeintlich emanzipierten queeren Mitstreiter_Innen im hauptsächlich katholischen / evangelischen Deutschland zum Schweigen gebracht werden? Wir haben nicht nur aus dem Grund an der Demo teilgenommen um Menschen, die in den palästinensischen Gebieten oder sonst wo auf der Welt unter Unterdrückung leiden, unsere Solidarität zu zeigen, sondern auch vom anti-rassistischen Standpunkt aus, mit den in Berlin lebenden palästinensischen, arabischen, muslimischen Queers und Queers aus dem Nahen und Mittleren Osten Seite an Seite gegen Rassismus zu stehen, und eine Botschaft auszusenden, dass wir zusammen in Vielfalt für menschliche und sexuelle Emanzipation auf der ganzen Welt kämpfen können. Wir glauben nicht, dass Menschen gezwungen werden sollten sich entscheiden zu müssen, gegen welchen Teil ihrer Unterdrückung sie zuerst ankämpfen. Wir wollten dem Grundgedanken widersprechen, dass einige Queers ein größeres Recht haben, Teil einer Bewegung zu sein als andere – ein Grundgedanke der von rassistischen Islamophoben vertreten wird.


Größerer Zusammenhang

Erst vorige Woche hat Judith Butler einen Zivilcourage Preis beim kommerziellen CSD abgelehnt und das Organisationskomittee für ihre aktive und passive Akzeptanz von rassistischen Äußerungen kritisiert. Sie nannte Islamophobie, die Kriege in Afghanistan und im Irak und den alltäglichen Rassismus, denen Menschen mit dunkler Hautfarbe innerhalb der queeren Bewegung ausgesetzt seien, als Gründe die Ehrung abzulehnen. Im Gegensatz zu Gruppen wie GLADT, SUSPECT, LesMigraS und ReachOut „weigern sich die Gastgeberorganisationen Antirassistische Politik als einen essenziellen Teil ihrer Arbeit zu verstehen.“

Der Transgeniale CSD soll eine radikale Alternative zum etablierten kommerziellen CSD sein, da der kommerzielle CSD zu einer unpolitischen Feierlichkeit geworden ist, deren Forderungen sich auf „Akzeptanz“ oder „Toleranz“ von „Vielfältigkeit“ beschränken und die weitergehenden politischen Wurzeln von Homophobie nicht ansprechen. Wir stimmen mit dieser Kritik überein.

Dahingegen behauptet der Transgeniale CSD von sich, der „politische“ CSD zu sein, bei dem kritische Ansichten zu allen Arten der Unterdrückung wie Sexismus, Transphobie, Rassismus, Imperialismus und Kapitalismus mit dem Kampf gegen Homophobie verbunden werden können und sollen.

Das Motto des Transgenialen CSD 2010 war „Gewaltige Zeiten - gewaltiger queerer Widerstand“ und das Flugblatt rief alle Queers auf, sich (sinngemäß zitiert) „weltweit gemeinsam zu solidarisieren, und eine Spaltung der Szene oder eine Verwischung der Machtbeziehungen nicht zuzulassen“. Im Aufruf wird neben vielen anderen Dingen angeprangert, dass Flüchtlinge es in unserer heutigen Welt, immer schwerer haben, menschenwürdige Freiräume zu finden, in denen sie leben können, und dass Rassismus Teil ihres täglichen Kampfes sei, sogar innerhalb der queeren Szene. Zusätzlich beinhaltet der Aufruf noch eine ausdrücklich antiimperialistische Kritik des Krieges in Afghanistan. - Aber Aktivistinnen, die mit ganzem Herzen diesen Aufrufen folgten, wurden zum Schweigen gebracht.

Wie wir zuvor schon anmerkten, liegt der Sache eine politische Differenz bezüglich Palästina und Israel zugrunde – einem Thema, dass jene Mitglieder des Organisationskollektivs unterdrücken und zensieren wollten. In der Realität nahmen sie mit ihrem Handeln die „neutrale“ Position ein und verbündeten sich dadurch mit den Unterdrückern, die es den Queers in Palästina unmöglich machen, sich vernünftig zu ernähren, geschweige denn ihre Sexualität zu leben. Es riecht nach Heuchelei, wenn wir aufgerufen werden, unsere Solidarität mit allen unterdrückten Menschen auf der Welt zu zeigen – außer mit den Palästinenser_Innen.

Ausnahmen in der Frage von Palästina sind in gewissen Ecken der deutschen queeren linken Szene klar zu erkennen und müssen dringend kontrovers politisch diskutiert werden. Aus irgendwelchen Gründen scheinen Menschen, mit einer ansonsten radikalen Kritik gegenüber der Unterdrückung in kapitalistischen Gesellschaften, eine 180° Wendung zu vollführen, wenn um die israelische Kolonisierungs- und Siedlungspolitik und die Notlage der queeren und heterosexuellen Palästinenser_Innen geht. Aber wie können wir wahrhaftig für sexuelle Befreiung kämpfen, wenn wir nicht gleichzeitig eine komplette Befreiung von ALLEN Menschen aus der Unterdrückung fordern? Diese Frage behindert unseren Kampf.

Während es in diesem Fall unser Anliegen ist, die Rechte von queeren Aktivist_Innen innerhalb sowie außerhalb der queeren Bewegung zu verteidigen, ist es notwendig, herauszuarbeiten, warum unsere Schilder mit den Botschaften „Free Gaza“ und „Freiheit für Palästina“ in keiner Weise die Ziele und den Konsens des Transgenialen CSD, wie er im Aufruf und auf der Internetseite veröffentlicht ist, widersprechen.

Die Solidarität mit dem queeren Kampf gegen Homo – und Transphobie muss mit einem breiteren Kampf gegen Unterdrückung verbunden werden, etwas, das vom Transgenialen CSD-Kollektiv angeblich unterstützt wird. Judith Butler sagte bei ihrer Rede am kommerziellen CSD, dass Queer ohne Antirassismus und Antikolonialismus nicht existiert. Bei der Frage zu Palästina beinhaltet das den täglichen Kampf von Menschen für die Befreiung von militärischer und ziviler Gewalt, von der Wirtschaftsblockade und von finanzieller, sowie sozialer Diskriminierung. Wichtig ist zu erkennen, dass in einem Gebiet wie Gaza, wo Menschen tagtäglich ums Überleben und um ihr Recht auf Leben kämpfen müssen, die Kämpfe gegen die Besatzung und für die Befreiung von LGBT* zu ein und demselben Kampf wird. – Es kann zu keiner sexuellen Befreiung kommen, solange nicht die ganze Gesellschaft ihre Selbstbestimmung und ihre Unabhängigkeit erlangt hat.


In den Worten einer Gruppe von palästinensischen Queer Aktivist_Innen:

Als palästinensische Queers führen wir unseren Kampf nicht nur gegen soziale Ungerechtigkeit und für unsere Rechte als eine queere Minderheit in der palästinensischen Gesellschaft, sondern ist vielmehr unser hauptsächlicher Kampf einer gegen Israels Kolonisation, Besatzung und Apartheit; ein System, das uns für die letzten 63 Jahre unterdrückt hat. Verletzungen der Menschenrechte und des internationalen Rechts, die Verweigerung von Grundrechten, Bürgerrechten und Diskriminierung sind tief verwurzelt in Israels politischer Linie gegenüber Palästinenser_Innen, egal ob sie hetero- oder homosexuell sind.[1]


Dieser Aspekt wurde letzte Woche nochmals in einer kontroversen Art und Weise hervorgehoben, nämlich innerhalb der Diskussion, ob es der sich selbst so bezeichnenden zionistische Propagandagruppe Stand With Us erlaubt sein soll, ein Seminar beim Sozialforum in den USA zu geben. Die Gruppe behauptete, die „Queers des Nahen und Mittleren Osten“ zu repräsentieren, weigerte sich aber, palästinensischen oder anderen arabischen Queers eine Stimme auf einem gemeinsamen Podium zu erlauben. Die Gruppe alQuaws für Sexuelle & Geschlechter Vielfalt in Palästina antwortete:

Stand With Us würde gerne alle Glauben lassen, dass Palästina wegen der Homophobie, die innerhalb der palästinensischen Gesellschaft existiert aller Solidarität unwürdig sei; als ob Homophobie ansonsten nirgendwo anders existierte, und als ob die Kämpfe für Gerechtigkeit sich auf eine innewohnenden „Gutartigkeit“ der Unterdrückten gründet, anstatt auf die Prinzipien von Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle Menschen, auf der ganzen Welt. […] Während Stand With Us ohne zu zögern mit der Unterdrückung von queeren Palästinenser_Innen durch die palästinensischen Behörden und die Hamas argumentiert, vergessen sie bequemerweise, dass dieselben Queers nicht immun gegenüber den Bomben, den Blockaden, der Apartheid und der Zerstörung sind, die ihnen tagtäglich von der israelischen Regierung aufgezwungen werden, und dass Israels mehrstufige Unterdrückung kaum zwischen hetero- und homosexuellen Palästinenser_Innen unterscheidet.[2]


Kürzlich mußte eine Gruppe Aktivist_Innen in Toronto, Kanada, wegen ihrer offen gezeigten Solidarität mit dem palästinensischen Freiheitskampf für ihr Recht kämpfen, am CSD teilnehmen zu können. Sie haben GEWONNEN. Mit den Worten von Queers Gegen die Israelische Apartheid,

Es kann keine Befreiung der Geschlechter und der Sexualität geben, ohne Befreiung von der täglicher Gewalt und dem Recht zu lieben wen du dir aussuchst, zu leben wo du es dir aussuchst, und Gruppen anzugehören, an Treffen und politischen Aktivitäten teilzunehmen, ohne verfolgt zu werden. Straßensperren, militärische Kontrollstellen (checkpoints), die Zerstörung von Häusern, Ausgangssperren und die Apartheit-Mauer sind Teil der täglichen Realität von allen Palästinenser_Innen, ganz unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung.[3]


Der Transgeniale CSD hat in einer öffentlichen Erklärung Judith Butlers Kritik an der aktiven und passiven Unterstützung des gegenwärtigen Status Quo im Bezug auf Rassismus seitens des kommerziellen CSD unterstützt.

Ironischerweise würde sich gerade Judith Butler mit dem Handeln der drei Mitglieder des Organisationskollektivs eine Woche später äußerst unwohl fühlen, als die unterstützende Botschaften für unterdrückte Palästinenser_Innen zensierten. In einem Artikel von 2003 schrieb sie:

„Ich unterschrieb eine Petition…einen ’Offenen Brief von Amerikanischen Jüdinnen und Juden’, in dem 3700 amerikanische Jüdinnen und Juden die israelische Besatzung ablehnten, obwohl der Brief meiner Meinung nach wirklich nicht überzeugend genug war: er hat weder für ein Ende des Zionismus aufgerufen, noch für die Neuverteilung von arabischem Grund und Boden, noch wurde das jüdische Rückkehrrecht überdacht, noch hat er für eine gerechte Verteilung von Wasser und Medizin an Palästinenser aufgerufen, und er hat nicht die Umorganisation des israelischen Staates auf einer radikaleren egalitären Basis gefordert. Wenn es einem nicht erlaubt ist, der Gewalt, die von Israel ausgeht, zu widersprechen, ohne dass einem sofort Antisemitismus vorgeworfen wird, dann bewirkt diese Bezichtigung die Einschränkung des öffentlich akzeptierten Sprachbereichs und die Unangreifbarkeit israelischer Gewalt durch artikulierte Kritik. Mit dem Label ‚antisemitisch’ somit in der gleichen Weise gedroht wie denjenigen damit gedroht wird, als Verräter bezeichnet zu werden, die offen gegen den gerade kürzlich begonnenen Krieg der USA sind.“[4]


Anstatt also den „Konsens“ zu repräsentieren, schwammen jene Mitglieder des Organisationskollektivs gegen den Strom - die internationale queere Bewegung ist bereit über Palästina/Israel zu diskutieren. Sind wir in Berlin auch bereit?


Es ist Zeit für Veränderungen

Die oben angesprochenen kleinen Teile der deutschen queeren linken Bewegung können sich nicht für immer hinter der fadenscheinigen Position der „Neutralität“ verstecken. Noch weniger kann „Neutralität“ eine Entschuldigung sein, Aufrufe zur internationalen Solidarität, für Freiheit und für Befreiung zu zensieren. Politische Zensur von progressiven Kämpfen ist nicht der Auftrag einer radikalen queeren Demo. Der Transgeniale CSD sollte ein Ort sein, an dem kritische Positionen erwünscht sind und ehrlich gesagt, waren wir ernsthaft überrascht, dass kaum ein anders politisches Schild oder Transparent auf der Demonstration zu sehen war, die von sich behauptet, sie sei kritisch gegenüber dem Status Quo.


Deshalb:

  • fordern wir eine offizielle Verurteilung der Zensur vom Transgenialen CSD Organisationskollektiv – obwohl die Handlungen nicht das Kollektiv als Ganzes repräsentierten, wurden sie im Namen des Kollektivs ausgeführt.

  • fordern wir das Organisationskollektiv des Transgenialen CSD und die Berliner Queer - Szene auf, ihre abwartende Haltung bezüglich Israel/Palästina radikal zu überdenken und Solidarität mit den Kämpfen der Unterdrückten und Kolonisierten in Gaza und der West Bank zu zeigen.

  • fordern wir das Organisationskollektiv des Transgenialen CSD 2011 auf, einen Redebeitrag von Palästinensischen/Israelischen Queer Aktivist_Innen, die sich gegen die Besatzung einsetzen, einzuplanen - im Interesse der Ausweitung der internationalen Solidarität und der Solidarisierung mit Aktivist_Innen, die in verschiedene progressive Kämpfen involviert sind.


Wir möchten mit einer Erklärung der Gruppe ASWAT – Homosexuelle Palästinensische Frauen zum Schluss kommen:

CSD Paraden haben als politische Demonstrationen begonnen und wir glauben fest daran, dass Solidarität in erster Linie an Menschenrechte geknüpft werden sollte. Wir denken, dass wir als Queers, als eine der benachteiligsten und unterdrücktesten Minderheiten in menschlichen Gesellschaften, gegen alle Formen der Unterdrückung kämpfen sollten, und zusammen für die Förderung der Rechte von Minderheiten und Unterdrückten kämpfen sollten.[5]




Gründungsmitglieder der kürzlich gegründeten Gruppe „BQISP“ – „Berliner Queers für Internationale Solidarität mit Palästina“

Kontakt: BerlinQISP [ät] gmail.com



[1] http://www.bekhsoos.com/web/2010/06/a-queer-boycott/

[2] http://www.alqaws.org/q/content/say-no-pinkwashing-ussf-0

[3] http://queersagainstapartheid.org/

[4] http://www.lrb.co.uk/v25/n16/judith-butler/no-its-not-anti-semitic

[5] http://www.aswatgroup.org/english/activities.php?article=448